Vojak (Der Soldat)

Titel:
Vojak (Der Soldat)

Autor:

Vincent Šikula (19. Oktober 1936 in Dubová, Slowakei - 16. Juni 2001 in Modra, Slowakei)
Politische Bedeutung:

Keine klare politische Einstellung; im seinem Werk stellt sich der Autor kritisch mit dem Nationalsozialismus auseinander.

Perspektive:
Kriegserlebnis:

Nein.

Vorkommen von autobiographischen Elementen im Text:

Die Figur des Soldaten basiert vermutlich auf der Person eines Kriegsveteranen, den der Autor in seiner Kindheit kannte.

Bibliographie

Vojak
Erscheinungsjahr, Auflage:
1981, 1. Auflage
Verlag, Ort:
Smena, Bratislava
Seitenzahl:
168 S.
Gattung:
Epik
Darstellungstyp:

Repräsentationstyp.

Paratexte:

Auf dem Umschlag eine kurze Beschreibung der Novelle, ihres Wertes und ihrer Bedeutung von Ján Števček und Ľubomír Feldek.

Struktur:

Formale Charakteristik des Werkes:

Keine Gliederung in einzelne Kapitel, nur Absätze. Serielle Binnenerzählung: Ein autobiographischer homodiegetischer Erzähler stellt einen autodiegetischen  Erzähler vor. Variable interne Fokalisierung.

Eingliederung von Dokumenten / Medien / Bilder:

Nein.

Raum:

Geographischer Raum:

Region Turiec in der Slowakei, Bratislava, Wien; Militärdienst in Brünn, Wien; Krieg in Belehrad, Tarnopol, Zborow, Alpen. Nach dem Krieg ungenannte Dörfer in Gebieten Považie, Záhorie, Turiec in der Slowakei, Dorf Marianka in Záhorie.

Umfang des Spielraumes:

Kasernen, Front, Hinterland.

Zeit:

Die Handlung beginnt in der Zeit der Kindheit des autobiographischen Erzählers in den 1940er Jahren. Weiter erzählt der Protagonist des Textes, ein Kriegsveteran, retrospektiv seine Erlebnisse von seiner Kindheit in 1890er bis zu seinem Tod während des Zweiten Weltkriegs mit Betonung auf die letzten Momente seines Lebens. Keine genauen, sondern nur ungefähren Zeitangaben.

Fremdenbilder:

Feindbild:

Die Novelle konzentriert sich auf das Schicksal eines verkrüppelten Veteranen in der ersten Tschechoslowakischen Republik, an das Bild des Feindes wird also dementsprechend nicht näher eingegangen, bis auf eine Bemerkung über die fehlende Kampfmotivation nicht nur bei den österreichischen, sondern auch bei den feindlichen Soldaten.

„Kam sa to ženiem? Z koho mám strach? Či naozaj z toho, ktorý sa ženie proti mne?  Nenaháňa mi väčší strach ten, ktorý ma ženie odzadu a ktorému ja pomáham druhých hnať? A nie je to tak aj s tým, ktorého mám pred sebou a mám ho zlikvidovať?”

(„Wohin stürzen wir uns denn hin? Vor wem haben wir denn Angst? Wirklich vor dem, der sich gegen mich stürzt? Fürchte ich mich nicht mehr vor dem, der mich von hinten treibt und dem ich helfe, die anderen zu jagen? Und geht es dem, den ich vor mir habe und den ich totmachen soll, nicht genauso wie mir?“ S. 90)

Freundbild:

Die Multinationalität der Monarchie wird für den Protagonist in keinem Sinne als bemerkenswert oder problematisch dargestellt, bis auf die Verständnisschwierigkeiten zwischen den einzelnen Nationalsprachen wird auf die Multinationalität auch keine besondere Kritik geübt, der Text gibt bringt jedoch klar zum Ausdruck, dass die Monarchie in ihrem aktuellen Zustand nicht mehr weiter existieren kann. 

„[…] monarchia, za ktorú sme sa ako prasce preháňali z krajiny do krajiny, z bitky do bitky, nenažraní, uzimení, zavšivavení, sa aj tak po vojne rozpadne...“

(„[…] die Monarchie, für die wir wie Schweine von einem Land zum Anderen rannten, von einer Schlacht in Andere, unersättlich, verfroren, verlaust, diese Monarchie wird nach dem Krieg sowieso zerfallen…“ S. 20-21)

Zivilbevölkerung:

Über die slowakische Zivilbevölkerung berichtet der Text größtenteils erst in der Nachkriegszeit. Gehoben wird ihre Gastfreundlichkeit und Arbeitsamkeit, kritisiert wird sie für ihre Biegsamkeit gegenüber der herrschenden pro-ungarischen Gesellschaftschicht.  Während des Krieges wird das Elend des Volkes betont, das durch die Ausbeutung seitens der Monarchie verursacht war.

"Treba zapriahnuť každého, každého vyšťaviť...je predsa vojna, každý si musí vedieť odtrhnúť od úst!"

(„Jeder muss eingespannt werden, bis zum letzten Tropfen ausgesaugt...es ist doch Krieg, da muss sich jeder den Biss vom Mund absparen können!“ S. 93)

 

Intertextualität:

-

Einstellung zum Krieg:

Eindeutig negativ. Der tragende Gedanke der Novelle ist eine Kritik auf den Krieg, aus dem die Soldaten verkrüppelt zurückziehen und folglich keine Möglichkeit finden, sich zu Hause in das normale Alltagsleben wieder einzuordnen. Negativ präsentiert wird im Text außerdem die Art und Weise, in der die Soldaten auf der Front von ihren Übergeordneten behandelt sowie die Uninformiertheit, in der sie von jenen gehalten werden. Die negative Darstellung aller diesen Phänomene wird im Text weiter benutzt, um auf die noch größere Unsinnigkeit des Zweiten Weltkriegs aufmerksam zu machen.

"Koniec vojny. Aj ja idem. Vyženú ma. Máš či nemáš nohy, choď!"

(„Kriegsende. Auch ich gehe. Sie vertreiben mich sowieso. Ob du Beine hast oder nicht, geh!“ S. 102)

"Stál som pred Haličou, ani som to netušil, plieskal som sa v alpských potokoch a nevedel som, či sú Alpy blízko, alebo ďaleko..."

(„Ich stand vor Galizien und wusste es überhaupt nicht, quälte mich in den Alpenflüssen und wusste nicht, ob die Alpen nah oder fern sind…“ S. 92)

"Načo všetko znovu a znovu opakovať?"

(„Wozu sollten man das alles immer wieder wiederholen?“ S. 119)

Sinnangebote:

Die Novelle zeigt die absolute Unsinnigkeit und Grausamkeit des Krieges. Als das einzige Positivum wird der Fakt gezeichnet, dass auch die bisher gehorsamen Leute unter dem ungeheuren Elend, das der Krieg mit sich bringt, anfangen, gegen die Ausbeutung und die schlechten Lebensumstände zu protestieren.

"...prečo mám pomáhať robiť ovčiarskeho psa?"

(„… warum soll ich dabei mitmachen, sich wie ein Hund behandeln zu lassen?“ S. 90)

"Odbachnú ľudí...ani nevedia prečo a začo."

(„Sie erlegen die Menschen…und wissen nicht mal wozu und wofür.“ S.100)