Slnko vystúpilo nad hory (Die Sonne ging über den Bergen auf)

Titel:
Slnko vystúpilo nad hory (Die Sonne ging über den Bergen auf)

Autor:

Ľudo Ondrejov (19. Oktober 1901 in Slanje, heutiges Kroatien - 18. März 1962 in Bratislava, Slowakei)
Politische Bedeutung:

Im Jahre 1939 beteilige sich Ondrejov auf Arisierung der Slowakei, 1944 kämpfte er jedoch schon in einer Partisanengruppe in Slowakischem Nationalaufstand gegen dem Faschismus. In der Nachkriegszeit betätigte er sich kurz auf einigen Ministerien, nach dem Aufstieg des Kommunismus war er allerdings nicht mehr politisch tätig.

Perspektive:
Kriegserlebnis:

Keine Kriegserlebnisse vom Ersten Weltkrieg; im Zweitem Weltkrieg kämpfte Ondrejov als Partisan in Slowakischem Nationalaufstand.

Vorkommen von autobiographischen Elementen im Text:

Nein.

Bibliographie

Slnko vystúpilo nad hory (Die Sonne ging über den Bergen auf)
Erscheinungsjahr, Auflage:
1977, 5. Auflage
Verlag, Ort:
Pravda, Bratislava
Seitenzahl:
518 S.
Gattung:
Epik
Darstellungstyp:

Repräsentationstyp.

Paratexte:

Nachwort von Ján Števček über die Bedeutung des Werkes für die sozialistische Gesellschaft.

Struktur:

Formale Charakteristik des Werkes:

Slnko vystúpilo nad hory ist eine Trilogie, die drei selbständigen kurzen Romanen umfasst, Zbojnícka Mladosť (1937, 205 S.), Jerguš Lapin (1939, 149 S.) und Na zemi sú tvoje hviezdy (1950, 148 S.). Thematisch sind sie miteinander eng verknüpft durch die Figur des Protagonisten Jerguš Lapin, weswegen sie in einem Eintrag zusammengefasst werden. Der Erste Weltkrieg wird in zweitem und drittem Teil der Trilogie thematisiert.

Heterodiegetischer Erzähler, Nullfokalisierung.

Eingliederung von Dokumenten / Medien / Bilder:

Nein.

Raum:

Geographischer Raum:

Die Stadt Banská Bystrica in der Mittelslowakei und die naheliegende Dörfer in Harmanecká dolina. Später in der Kriegszeit die italienische Front bei Piave.

Umfang des Spielraumes:

Hinterland, Südfront.

Zeit:

Die Handlung beginnt am Ende des neunzehnten Jahrhunderts mit der Geburt des Protagonisten Jerguš Lapin. Der erste Teil verfolgt die Kindheit des Protagonisten bis zu ca. seinem zwölften Jahr. Der zweite Teil beginnt im Juni 1914 mit dem Kriegsanfang und verfolgt das Schicksal Jerguš Lapins während des Krieges mit Schwerpunkt auf das Ende des Jahres 1918 und Anfang des Jahres 1919, als sich die Tschechoslowakische Republik formierte. Im dritten Teil, wo Lapin nur als Nebenfigur eintritt, wird das Schicksal des zweiten Protagonisten während des Ersten Weltkriegs, aber meistens während der Zwischenkriegszeit und des Zweiten Weltkriegs geschildert, vor dessen Ende im Winter 1944 der Roman endet.

Fremdenbilder:

Feindbild:

Obwohl sich ein Teil des zweiten Romans an der Italienfront abspielt, kommen im Text keine Beschreibungen oder Analysen der verfeindeten Nationen. Im Mittelpunkt des Textes liegt die Beschreibung der eigenen Armee.

Freundbild:

In der Beschreibung der österreich-ungarischen Armee überwiegt Kritik auf die Zustände, in denen ihre Soldaten kämpfen müssen. Diese Vorwürfe gegen die Militärführung sind zugleich mit einem kritischen Blick auf die gesamte Habsburger Monarchie verbunden, der die Versklavung des Volkes und v. a. der Soldaten vorgeworfen wird, die im Krieg zu einem Kampf gezwungen werden, den sie selber nicht wollen. Der Text ist dementsprechend zugleich als eine heftige Kritik der verlogenen Kriegspropaganda zu verstehen. Österreich-Ungarn wird im Allgemeinen als völkerbedrückend und nicht mehr der Existenz fähig betrachtet.

„Na piavskom fronte ležalo toľko mŕtvych rakúsko-uhorských vojakov, že taliansky ministerský predseda Orlando dostal za nich od anglickej vlády blahoželanie. A rakúsky generálny štáb oznamoval: Na piavskom fronte niet nijakých zvláštnych udalostí.“ S. 250

(Auf der Piaver Front lagen so viele tote österreichisch-ungarische Soldaten, dass der italienische Ministerpräsident Orlando eine Gratulation von der englischen Regierung für bekam. Und der österreichische Generalstab meldete: Auf der Piaver Front gibt es keine besondere Ereignisse.“)

„Rakúsko-uhorské vojsko bolo hladné, ošklbané a zavšivené.“ S. 251

(„Die österreichisch-ungarische Armee war hungrig, gerupft und verlaust.“)

[…] rozsypal sa ten zlátaný stroj štátu, ktorý vládol len pomocou krutých zákonov.“ S. 306

(„[…] zerfiel die zusammengestoppelte Maschine des Staates, der nur mit Hilfe grausamer Gesetze regierte.“)

Die Tschechen werden im Roman als sehr nationalistisch, aktiv und revoltierend beschrieben, was seitens der Slowaken eher positiv wahrgenommen wird. Die Ungarische Herrschaft wird dagegen negativ wahrgenommen und als feige und tückisch dargestellt. Eine besondere Einstellung nimmt der Text zur ungarischen Roten Armee, indem diese einerseits für die gleichen Ideale wie die Slowaken kämpft (Freiheit, Abschaffen von Adel), andererseits aber slowakische Souveränität bedroht.

„[…] rakúski delostrelci boli vraj poväčšine Česi, ktorí vedome strieľali do vlastných vojakov, aby sa pomstili macošskej vlasti za vlastné národné utrpenie.“ S. 252

(„[…] österreichische Artilleristen waren meistens Tschechen, die bewusst in eigene Soldaten schossen, um sich an dem stiefmütterlichen Vaterland für das eigene Nationalleiden zu rächen.“)

„‚Bojujeme za slobodu, za rovnosť a spravodlivosť medzi ľuďmi! Páni nás poslali hynúť na fronty, trýznili nás hladom, a oni si doma vypásali bachory!ʻ“ S. 328

(„‚Wir kämpfen für Freiheit, Gleichheit und Gerechtigkeit unter den Menschen! Die Herren schickten uns in den Tod auf der Front, sie         quälten uns mit Hunger und schlugen sich selber ihre Wänste voll!ʻ“)

Zivilbevölkerung:

Im zweiten Roman der Trilogie wird das Chaos und Unruhe unter der Bevölkerung thematisiert, das unmittelbar nach dem Attentat in Sarajevo das Leben prägen und Feindseligkeit zwischen den einzelnen Nationalitäten sowie die panslawistischen Tendenzen in der slowakischen Bevölkerung aufkommen lassen.

Die durch den ungarischen Adel bedrückte slowakische Zivilbevölkerung verhält sich im Laufe des Krieges mehrheitlich passiv und unterworfen. Sie verliert völlig ihre nationale Identität und Widerstandfähigkeit und leidet still unter der Ausbeutung der Monarchie. Dieser Zustand ändert sich erst am Ende des Krieges, als die heimkehrenden Frontsoldaten die hungernde Bevölkerung zur Revolte aufhetzen. Es handelt sich jedoch nur um kleine Räubereien. Besonders werden die (meistens implizit als jüdisch beschriebenen) Händler kritisiert, die durch Schwindel und Ausbeuten des Volkes während des Krieges zum Vermögen kommen. Die gezähmten Slowaken werden in Kontrast mit den aktiven Tschechen gestellt, die die Slowaken in die neue Republik dann auch selbstverständlich führen. Der Text gibt jedoch klar an, dass sich die Zustände für die ärmste Klassen in der Neuen Republik kaum ändern.

„Pri nemeckom kostele bol velký stisk. Ľudia pochytili neznámeho pána, ktorý mal pekné šaty i tenkú paličku a čierne fúziky pod nosom. Tĺkli ho palicami, podrazili mu nohy a kopali ho do rebier. […] ‚Pansláv! Pansláv!ʻ vrieskali ženy a trhali ležiaceho pána za vlasy.“ S. 226

(„Die Menschen nahmen einen fremden Herrn gefangen, der hübsche Kleider, einen dünnen Stock und einen gepflegten schwarzen Schnurrbart unter seiner Nase hatte. Sie schlugen mit Hämmern auf ihn, schlugen ihn auf den Boden nieder und traten in seine Rippen. ‚Panslawist! Panslawist!ʻ schrien die Frauen und zogen an den Haaren des am Boden liegenden Mannes.“)

„Ľud trpel hladom. Nebolo múky ani cukru; nebolo chleba, masti, soli ani petroleja. Dolinu postihla skaza. Na poliach miesto chlapov museli robiť ženy.“ S. 244

(„Das Volk litt Hunger. Es gab kein Mehl, kein Zucker; kein Brot, kein Fett, kein Salz, kein Petroleum. Das Tal näherte seinem Untergang. Auf den Felder mussten Frauen anstatt Männer arbeiten.“

"Arnoldov otec bol jediný kupec dediny. V časoch hladomoru rozdeľoval biednym rodinám poplesnenú a horkú kukuričnú múku […] i plesnivú slaninu a kde-tu i vodou rozriedený petrolej. A pri každej deľbe väčší diel tovaru si nechával. Ním podplácal vojenských pánov a predával ho za úžernícky groš. Tak vládol kupčík Fischer nad obživou, a tým i nad ľudskými životmi celej doliny. Obsypal sa peniazmi..." S. 245

„Der Vater von Arnold war der einzige Händler im Dorf. Bei Hungersnot verteilte er geschimmeltes und bitteres Maismehl […] und schimmeligen Speck und vielerorts auch mit Wasser verdünntes Petroleum an die Familien. Und bei jeder Geldverteilung behielt er den größeren Teil. Damit bestach er die Offiziere und verkaufte es für Wucherpreise. So herrste Händler Fischer über die Nahrung und somit auch über die menschlichen Leben des ganzen Tals. Er überschüttete sich mit Geld…“)

„Medzi občianstvom, ktoré už štyri roky hynulo v biede, začali sa ukazovať známky nespokojnosti.“ S. 261

(„Unter den Leuten, die schon seit vier Jahren in Not verkümmerte, kamen Zeichen von Unzufriedenheit auf.“)

Intertextualität:

-

Einstellung zum Krieg:

Der Text nimmt eine äußerst negative Stellung zum Krieg ein, was sich in der Einstellung des Erzählers sowie fast allen Figuren widerspiegelt. Der Krieg, in den die Slowaken ungerecht und unfreiwillig eingezogen wurden, wird als eindeutige Ursache des materiellen sowie psychischen Elends und Todes vieler unschuldigen Menschen dargestellt.

„Vojsko sa pohlo, cisárskymi tyranmi prinútené, na ničomnú smrť.“ S. 251

(„Die Armee bewegte sich, von den kaiserlichen Tyrannen gezwungen, näher zum niederträchtigen Tod.“)

„Nie som pes, aby ma predarmo toľko trýznili a naostatok aj zabili!“ S. 260

(„Ich bin kein Hund, um sich umsonst so sehr quälen und schließlich noch umbringen zu lassen.“)

Sinnangebote:

Als das einzige Positivum des Krieges wird die Veränderung dargestellt, die er mit sich bringen muss. Die bis zum Äußersten gesteigerte Ausbeutung der Menschen kann dazu dienen, das Volk aus seiner Lethargie aufzurütteln. Das Nachkriegschaos wird als eine Möglichkeit präsentiert, eine neue, bessere und gerechtere Gesellschaft zu bilden.  

„Nepokoje a vzbury rozrástli sa po celom území. Človek bol hladný a otrhaný a nemal čomu žiť. Sľuby rakúsko-uhorského panovníka a maďarskej vlády nenaznačovali nič nového a ľud už nechcel žiť po starom. Chcel nový život, prirodzenú premenu, ktorá zahladí všetky utrpenia vojny. Štát sa rozpadol podľa národností a všade sa dostávali na povrch tí, ktorých bolo najviac a najviac vytrpeli.“ S. 400

(„Unruhen und Aufrühre verbreiteten sich im ganzen Land. Man war hungrig und zerlumpt und hatte nichts, wofür er leben könnte. Weder die Versprechen der österreichisch-ungarischen Herrscher noch der ungarischen Regierung brachten etwas Neues und das Volk wollte nicht mehr in den alten Verhältnissen leben. Es wollte ein neues Leben, eine natürliche Verwandlung, die alle Qualen des Krieges auslöschen würde. Der Staat zerfiel in einzelne Nationen und überall kamen diejenigen nach oben, die in Überzahl waren und am meisten gelitten hatten.)

„Čo vojna pokazila, mier musí napraviť.“ S. 401

(„Was der Krieg verdarb, muss der Frieden wieder gutmachen.“)