Vorwärts mit Gott! Vaterländisches Zeitbild in einem Aufzug.

Titel:
Vorwärts mit Gott! Vaterländisches Zeitbild in einem Aufzug.

Autor:

Anton Ohorn (22. Juli 1846 in Theresienstadt, Böhmen - 30. Juni 1924 in Chemnitz, Deutschland)
Politische Bedeutung:

Völkisch; der Autor gehörte zum Umfeld des Alldeutschen Verbandes und der Zeitschrift Die Nornen. Monatsschrift für deutsche Wiedergeburt und ario-germanische Kultur.

Perspektive:
Kriegserlebnis:

Nein.

Vorkommen von autobiographischen Elementen im Text:

Nein.

Bibliographie

Vorwärts mit Gott! Vaterländisches Zeitbild in einem Aufzug.
Erscheinungsjahr, Auflage:
1914, 1. Auflage
Verlag, Ort:
Reclam Verlag, Leipzig
Seitenzahl:
29 S.
Gattung:
Drama
Darstellungstyp:

Repräsentationstyp.

Paratexte:

Liste der Personen, Ortsangabe: das Gut des Barons, Zeitangabe: August 1914.

Struktur:

Formale Charakteristik des Werkes:

Gliederung in 10 Auftritte.

Eingliederung von Dokumenten / Medien / Bilder:

Mehrere Gedichts- und Liedertexte, die die Kampfentschlossenheit und den Nationalgeist unterstützen sollen. Die erste Strophe des Gedichtes „Männer und Buben“ von Theodor Körner aus dem Jahre 1813 (S. 23.), ein Kampfgedicht (S. 28f.), am Ende des Dramas „Deutschland über alles!“.

Raum:

Geographischer Raum:

Die Handlung aller Auftritte spielt sich vor und in dem Schloss vom Baron Runge ab.

Umfang des Spielraumes:

Hinterland.

Zeit:

Das Drama spielt sich im August 1914 in der Zeit der Mobilmachung und der aufgeregten Stimmung der Kriegsbegeisterung ab. Der genaue Tag der Handlung wird durch eine Zeitung, die die britische Kriegserklärung beinhaltet, an den 4. August 1914 festgelegt.

Fremdenbilder:

Feindbild:

Die Kriegsfeinde Russland und Frankreich werden von den Protagonisten insgesamt negativ gesehen. Die Russen werden durch ihren „slawischen Übermut“ (S. 6) und ihre Bildungsmangel charakterisiert, die Franzosen als „Chauvinisten“ und hinterlistige „Schelmfranzosen“ (S. 6) dargestellt. England wird dagegen aufgrund ihrer germanischen Abstammung als ein verwandtes Volk betrachtet, das jedoch an Deutschland einen Verrat ausübt.

"Oberst. Wahrhaftig! Und wie erbärmlich! (Er liest.) England hat uns den Krieg erklärt, weil wir nach bündigster Zusicherung loyalen Verhaltens belgisches Gebiet betreten mußten, um uns gegen den französischen Einbruch zu sichern.

Heinz. Ein durchsichtiger Vorwand! Frankreich hätte jede Neutralität ungescheut verletzen dürfen.

Oberst. Pfui Teufel! Das stolze England, der Hort der Freiheit, das Volk von germanischer Art, Arm in Arm mit dem verlogenen Rußland, dem Feinde der Kultur, dem slawischen Beschützer slawischer Meuchelmörder!

Heinz. Haben wir anders erwarten dürfen von dem ränkevollen Albion, das uns lange haßt und nur auf die Gelegenheit wartete, um mit Sicherheit uns angreifen zu können?“ S. 9.

Freundbild:

Siehe Zivilbevölkerung.

Zivilbevölkerung:

Die Deutschen sowie die Stimmung im Ganzen werden eindeutig von der Kriegsbegeisterung geprägt. Alle deutschen Männer und Jungen wollen am Krieg teilnehmen, die Kriegsbegeisterung beseitigt Klassenunterschiede – sowohl die gesellschaftliche Unterschicht (Arbeiter und Bauer) als auch die Oberschicht (Fabrikanten und Adelige) sind entschieden, für das Vaterland kämpfen zu gehen. Der Begriff des Vaterlandes und die gemeinsamen Kriegsfeinde fungieren also als ein einigender Faktor, der das deutsche Volk zusammenschließt und die früheren Streitigkeiten als banal erscheinen lässt.

Rudolf [Reimanns Sohn]. […]. [Mein Vater] will als freiwilliger Landwehrmann mit der Muskete mitgehen. […].

Oberst (erregt). Das tut er? – Wirklich? Wie alt ist denn Ihr Vater, Rudolf?

Rudolf. Jetzt war er vierundfünfzig Jahre.

Oberst. Vierundfünfzig! Ja, ja – Vierundfünfzig – ’s ist auch kein Junger mehr. Und will mit?! Das denk’ ich ihm, weiß Gott! – Da haben wir uns gezankt wegen einer Dummheit – was kümmert uns jetzt eine Esse mehr auf der Welt! Grüßen Sie Ihren Alten und sagen Sie ihm, ich lass’ ihm die Hand drücken… […]“ S. 18f

Diejenigen, die nicht kämpfen gehen können (Frauen, Priester, zu junge bzw. zu alte Männer) sind zumindest bemüht, sich für die Heimat nützlich zu machen und auf verschiedene Weisen zu helfen. Einer der Protagonisten, Baron Runge, lässt in seinem Schloss ein Lazarett errichten, wo die Frauen als Pflegerinnen arbeiten können. Die für den Krieg zu jungen Knaben betätigen sich im Hause des Barons als Schutztruppe.

Intertextualität:

-

Einstellung zum Krieg:

Das Drama ist ein typischer Augusterlebnis-Text, der die Einigkeit und den Zusammenhalt der deutschen Nation hervorhebt. Der Krieg wird dementsprechend im Allgemeinen positiv angenommen. Nicht nur Männer, sondern auch die deutschen Frauen sind von ihm begeistert.

Die Ausgangsposition Deutschlands in dem angehenden Krieg wird mit der Lage Deutschlands in dem deutsch-französischen Krieg 1870-71 verglichen, wo Deutschland lediglich einen Feind hatte, während es jetzt bereits gleich drei sind (Russland, Frankreich und England). Auch das unterstützt aber nur den Mut und Entschlossenheit der Protagonisten, in den Krieg zu gehen.

Eine Ausnahme bildet eine einfache Frau, die Ehefrau eines Mauers, die den Krieg als Unglück sieht, da er ihren drei Kindern den Vater nehmen wird. Ihre Zweifel werden jedoch durch die Entschlossenheit und den Mut der anderen Figuren beseitigt.

"Klara [(zu Lena)]. Das geht ja nicht, meine Liebe. Wenn der Kaiser ruft, muß er folgen wie alle andern; macht ihm das Herz nicht schwer, betet für ihn und vertraut auf Gott und auf uns, die Euch nicht verlassen werden! Auch das deutsche Weib muß jetzt Mut zeigen und die Tränen tapfer hinunterdrücken.“ S. 15f

Bei den Männern, die zu Hause bleiben müssen, kommt ein starkes Gefühl der Minderwertigkeit zum Ausdruck, weil sie ihren kämpfenden deutschen Brüdern nicht helfen können. So leidet auch Walter, der Pfarrerssohn, der ein steifes Bein hat.

"Walter. Oh, all die hunderttausend Glücklichen, die jetzt in Wehr und Waffen für Reich und Kaiser stehen – wie ich sie beneide! Noch nie habe ich empfunden, wie viel ein gesunder, starker Leib wert ist. Ich hab’s ruhig ertragen, bei wilder Jugendlust, bei Spiel und Tanz beiseite zu stehen, aber nun, da es ein Hohes, Heiliges gilt, tatenlos zu bleiben, das macht mich elend an Leib und Seele zugleich.“ S. 20

"Wem ist das zu Nutzen? Der ärmste Betteljunge gibt mehr für sein Volk und seinen Kaiser, als ich. Wenn ich Sie vor mir sehe in Ihrer stolzen Kraft, dann könne ich meinen Eltern sagen: Warum habt Ihr den Krüppel nicht getötet bei seiner Geburt, wie es die alten Spartaner taten?“ S. 21

Auch ihm gelingt es jedoch am Ende, bei der Luftwaffe angenommen zu werden, was die pathetische Überzeichnung der Heldenhaftigkeit der einzelnen Figuren noch mehr steigert.

An dem Krieg teilnehmen zu dürfen wird von allen als die edelste und heiligste Tat betrachtet, die nicht nur dem Gott gefällig ist, sondern von ihm auch unterstützt wird. Die Deutschen werden als diejenige Nation dargestellt, die im Recht ist und die darum mit Gottes Hilfe siegen wird.

Sinnangebote:

Alle Beteiligten sind bereit, für das Reich und für den Kaiser im Krieg zu sterben, da sie den Krieg als eine Gelegenheit betrachten, das deutsche Volk zu vereinigen und das Gefühl der Nationaleinigkeit aufzubauen. Dieser Prozess, wie bereits der Titel Vorwärts mit Gott! besagt, soll mit Gottes Hilfe geschehen.

Heinz. Und so ist’s heute erst recht. Alles deutsche Volk reicht sich einträchtig die Hände, der Edelmann zieht mit dem Bürger, der Gutsherr mit den Bauern, der Beamte mit dem Arbeiter – alle für eine große Sache! […]

Berta. Ich stand dabei, als ein Arbeiter in den rußigen Händen die Botschaft des Kaisers an sein Volk hielt und mit lauter und vor Erregung zitternder Stimme las, indes die andern die Mützen von den Köpfen rissen, und alle Augen flammten.“ S. 7

Willy (vierzehn Jahre alt). Ich will doch handeln! – Großonkel, ich geh’ als Freiwilliger, und noch fünf oder sechs Jungen aus dem Dorfe gehen mit – wir sind schon einig – nur ob wir die Russen oder Franzosen dreschen, wissen wir noch nicht.“ S. 10

Die Sicherheit des deutschen Sieges im Krieg wird an mehreren Textstellen durch pathetische mythische Bilder der deutschen Nation unterstützt – so wird Deutschland beispielweise als starker Adler („Oh, ihr sollt die Krallen des deutschen Adlers fühlen!“ S. 10) dargestellt, deutsche Soldaten als spartanische Kämpfer. Zusammen mit mehrfacher Erwähnung der „Wacht am Rhein“ unterstützen diese den großen Pathos des deutschen Augusterlebnisses.

Heinz. Bravo! In dem jungen Herzen schon muß der heilige Funke glühen, der in der Männerbrust auflodert zur Flamme. Vom Greise bis zum Knaben muß ein Empfinden die ganze Volksseele durchrieseln; darin liegt die Bürgschaft, daß auch eine halbe Welt dem deutschen Adler nicht die Flügel brechen kann.“ S. 8

Klara (faßt Heinzens Hand bebend). Wie sagten die spartanischen Mütter zu ihren Söhnen, wenn sie auszogen zum Streite?

Heinz. Komme zurück mit deinem Schilde oder auf deinem Schilde!

Klara (gehoben). Nun, so komm auch du zurück mit dem Schilde oder auf dem Schilde, wert deines Vaters!“ S. 8

Lehrer. Aus der Stadt komme ich. Landwehr in Wehr und Waffen ist durchmarschiert. Sie hätten die Leute sehen sollen, diese festen, entschlossenen Männer. Diese Zuversicht! Die Wacht am Rhein haben sie gesungen, in den Gewehrläufen trugen sie Rosen, und das Volk jubelte ihnen zu. Letzte Händedrücke wurden gewechselt, Frauen und Kinder drängten mit glühenden Gesichtern heran, und aus den Reihen schallte es begeistert: Nur Mut! Wir müssen siegen! Wir kommen wieder! – Mir liefen die Tränen über das Gesicht, aber die Seele war mir weit dabei, und ich bin stolz, daß mein Werner auch mit hinauszieht.“ S. 23

Für die Deutschen bedeutet der Krieg einen Kampf um die Ehre des Vaterlandes, den nicht von dem deutschen Volk, sondern von dem Feind provoziert wurde.

Oberst. Brav, mein Junge! Nur nicht bange sein! Haben wir denn frivolerweise den Streit angefangen? Hat uns nicht Heimtücke und Hinterlist die Waffen in die Hand gezwungen? Schmach über die Nation, die dem Mordgesindel den Rücken deckt und über ihren Bundesgenossen! Mit uns ist die Ehre und Treue, und mit der Treue ist Gott.“ S. 5