Walpurgisnacht

Titel:
Walpurgisnacht

Autor:

Gustav Meyrink (19. Januar 1868 in Wien, Österreich - 4. Dezember 1932 in Starnberg, Deutschland)
Politische Bedeutung:

Keine öffentliche politische Tätigkeit

Perspektive:
Kriegserlebnis:

Nein.

Vorkommen von autobiographischen Elementen im Text:

Nein.

Bibliographie

Walpurgisnacht.
Erscheinungsjahr, Auflage:
2003, 1. Ausgabe (basiert auf dem im Jahre 1917 im Kurt Wolff Verlag, Leipzig, herausgegebenen 3. Band der Gesammelten Werke Gustav Meyrinks)
Verlag, Ort:
Vitalis, Český Těšín
Seitenzahl:
208 S.
Gattung:
Epik
Darstellungstyp:

Kein Kriegsroman.

Paratexte:

Kurze Information über das Leben und das Werk Meyrinks auf dem Umschlag des Buches.

Struktur:

Formale Charakteristik des Werkes:

Heterodiegetischer Erzähler, variable interne Fokalisierung, manchmal Wechsel zur Nullfokalisierung; Einteilung in 9 Kapiteln, die jeweils die Handlung einer der Hauptfiguren thematisieren.

Eingliederung von Dokumenten / Medien / Bilder:

Ausschnitte aus deutschen und tschechischen Volksliedern, z. B.: Andulko, mé dítě, já vás mám rád. („Annerl, mein Kind, ich hab Sie lieb“, S. 64) oder das Studentenlied Der Zie-higel-stein/ist selten allein;/er folger geselligen Trie-ieben,/und ist er allein… (S.89) 

Raum:

Geographischer Raum:

Prag; Hradschin als isolierte Welt, die als eine Insel der Adeligen beschrieben wird, die mit dem wirklichen Prag unter Hradschin/hinter der Brücke kontrastiert.

"‚Ich war unten! In der Welt!ʻ, platzte der Hofrat von Schirnding heraus [...],“, S. 9)

Umfang des Spielraumes:

Hinterland.

Zeit:

Zeit des ersten Weltkriegs, Mai (die Handlung fängt am 30. April – in der Walpurgisnacht – und dauert bis zum 1. Juni; das genaue Jahr wird nicht erwähnt, wahrscheinlich aber 1917.

Fremdenbilder:

Feindbild:

Von den Adeligen werden v. a. die Russen als feindlich empfunden, da sie die Schöpfer der sozialistischen Gedanken sind und die Gleichheit aller gesellschaftlichen Klassen proklamieren.

"Die nihilistischen Theorien des Russen hatten ihr Verständnis nur gestreift – bloß das eine war haftengeblieben: Der Pöbel wollte die Herrschaft über den Adel an sich reißen! - Das Blut ihrer Rasse bäumte sich gegen einen solchen Gedanken. Mit richtigen Instinkt begriff sie, was das treibende Gift in diesen Lehren war: die Gier des „Knechtes, sich zum „Herrn“ aufzuschwingen – der Pogrom in anderer Form. – Daß die Schöpfer dieser Ideen, Kropotkin oder Tolstoj, den sie mit dazu zählte, und Michael Bakunin unschuldig darin waren, wußte sie nicht, aber sie hatte ihre Namen von je aus tiefster Seele gehaßt.“ S. 139.

Freundbild:
Zivilbevölkerung:

Thematisiert wird v. a. die gegenseitige Feindschaft des Adels und des Proletariats, die einander zu bekämpfen versuchen. Die Proletarier werden von den Adeligen als dumme, schmutzige, machtlose Masse gesehen, die sozial-demokratischen Gedanken als lächerlich, unzulässig, furchtbar betrachtet.

Das Proletariat identifiziert sich in seinem Kampf gegen dem Adel mit den Hussiten und den Hussitenkriegen. Außerdem nimmt es eine feindliche Einstellung zum Judentum ein, weil die Juden, genauso wie die Adeligen, ihre Macht und Reichtum dazu nutzen, die Arbeitsleute zu versklaven;

„Sie haben uns die Arbeitsfreiheit versprochen, diese herrschenden Klassen, aber sie haben uns in Fabriksklaven verwandelt.“ S. 135.

Intertextualität:
Einstellung zum Krieg:

Der Krieg spielt im Text eine Nebenrolle und wird nur selten thematisiert. Das Leben der Adeligen wird von ihm nicht beeinflusst, gewisse Spuren des Krieges bekommen sie nur dann zur Sicht, wenn sie ihren gewöhnlichen Wohnsitz verlassen. Einige kurze Betrachtungen eines der Protagonisten, die den Krieg thematisieren, stehen im Kontrast zu seinen anderen und für ihn viel wichtigeren Sorgen, die sein Aussehen, Essen und andere oberflächliche Phänomene betreffen, was den Eindruck verstärken soll, dass der Krieg von den reichen, auf der Hradschin lebenden Adeligen weit entfernt ist.

„Der Krieg, ja, der Krieg“, seufzte der Pinguin und versetzte dem Rohre einen Stoß, um sich durch den gräßlichen Anblick nicht unnötigerweise den Apetit für sein Gabelfrühstück zu verderben“ S.33

Aus der Sicht des Proletariats, das die Revolte in Prag organisiert, führt der Weltkrieg lediglich zur Verstärkung der Staatsmacht, die an sich als Tyrannei betrachtet wird. Aus diesem Grund lehnen die Proletarier ab, sich mit der russischen Armee gegen die Juden zu verbünden.

„Mit Soldaten verbünden? Wir? Wir wollen doch selber die Herren sein!“ S. 133.

Der Krieg wird vom Proletariat als ein Spiel der Herrschenden betrachtet, in dem das Volk und die einfachen Menschen lediglich als Spielfiguren ausgenutzt werden. Im Gegensatz dazu wird vom Proletariat der Kampf gegen jegliche Autorität unterstützt, da diese die Freiheit des Volkes begrenzt. Zum Bekämpfen von Autoritäten dürfen alle Mittel benutzt werden dürfen, die zur Gerechtigkeit führen.

Blut des Adels muß fließen, der uns täglich demütigt und knechtet: Nicht ein einziger von ihnen darf übrigbleiben…“ S. 133.

Anwendung von Gewalt wird also von beiden Seiten – sowohl von den „Dienern“ als auch von den „Herrschern“ – legitimiert und als Mittel zum Gewinn/Behalten der Macht ausgenutzt.

Sinnangebote:

Siehe Einstellung zum Krieg.