Erlebnisse im Weltkrieg. Bilder aus dem Kriegsleben und Gefangenschaft von Alfred Totzauer.

Titel:
Erlebnisse im Weltkrieg. Bilder aus dem Kriegsleben und Gefangenschaft von Alfred Totzauer.

Autor:

Alfred Totzauer (13. Mai 1892 in Bettlern bei Preßnitz, Böhmen - 6. August 1938 in Altrohlau, Böhmen)
Politische Bedeutung:

Seit 1914 Mitglied der SPD.

Perspektive:
Kriegserlebnis:

Höchstwahrscheinlich ja; biographische Informationen zum Autor sind weitgehend nicht vorhanden.

Vorkommen von autobiographischen Elementen im Text:

Höchstwahrscheinlich ja, der Autor behauptet, im Text seine wahren Erlebnisse in dem Weltkrieg beschrieben zu haben.

Bibliographie

Erlebnisse im Weltkrieg. Bilder aus dem Kriegsleben und Gefangenschaft von Alfred Totzauer.
Erscheinungsjahr, Auflage:
1927, 2. Auflage (1. Auflage 1924 in Karlsbad)
Verlag, Ort:
Hilfs- und Unterstützungsverein ehemaliger Kriegsgefangener in Tschechoslowakei, Reichenberg
Seitenzahl:
143 S.
Gattung:
Epik
Darstellungstyp:

Privattyp

Paratexte:

Vorwort von Eduard Spatzel, dem Vorsitzenden des Hilfs- und Unterstützungsvereines ehemaliger Kriegsgefangener in der Tschechoslowakei in Reichenberg: Unterstützungsworte und allgemeine Informationen über das Buch.

Vorwort vom Autor: Behauptung, es handle sich um wahre Erlebnisse; lediglich die Namen von Kriegsgenossen und Offizieren seien geändert worden.

Vorwort zur zweiten Auflage vom Autor über gute Aufnahme des Werkes beim Lesepublikum und Tilgung einiger unwichtigen Passagen.

Struktur:

Formale Charakteristik des Werkes:

Vier ungenannte Teile (Reserve, Gefangenenwache in Julischen Alpen, Ostfront, Italienfront und Gefangenschaft); homodiegetischer Erzähler, feste interne Fokalisierung.

Eingliederung von Dokumenten / Medien / Bilder:

Auszüge aus Briefen der Soldaten und Reden der Offiziere; Begleitinformationen zum Kriegsverlauf.

Raum:

Geographischer Raum:

Zwickau (Sachsen), Lissa (Leszno, Polen), Übungskader in Millowitz (Milovice, Mähren). Transport in die Julischen Alpen über Wien, Laibach, nach Kronau (Kranjska Gora) - Gefangenenwache in Moistroka-Pass bei dem Fluss Trenta (Soca), Reservekader in Raudnitz (Roudnice nad Labem), Komotau (Chomutov), Wrchowitz (Vrchovnice), Millowitz. Ostfront in Siebenbürgischen Karpathen bei Magyaros, St. Miklos, Dittro (Rumänien). Italienfront - Vittorio Veneto.  Gefangenenlager Vittorio Veneto, Montebello, Arquada (bei Genua), Mailand. Aich-Pirkenhammer (Březová) bei Karlsbad.

Umfang des Spielraumes:

Hinterland, Reserve, Front, Kriegsgefangenschaft

Zeit:

Die Handlung fängt im Juni 1914 kurz vor dem Kriegsbeginn an. Im Text gibt es viele genaue Zeitangaben, Schwerpunkt liegt immer in der Weihnachtszeit. Die Handlung endet am 19. November 1919 mit der Heimkehr des Protagonisten.

Fremdenbilder:

Feindbild:

Der Protagonist begegnet russischen sowie englischen und italienischen Soldaten, alle werden in Hinsicht auf ihre Menschlichkeit präsentiert: Als einfache Leute, die in den Krieg unfreiwillig gehetzt wurden und keinen Hass oder Feindseligkeit gegenüber ihren Gegnern aufweisen. Er schätzt das englische Soldsystem als einen effektiven Weg zur Motivierung der Soldaten und lobt die Humanität und die Barmherzigkeit der Engländer.

"Im Allgemeinen waren die Engländer gute Leute" S.120

Im Gegensatz dazu kritisiert er den grausamen und gefühllosen Umgang der österreichischen Soldaten mit den russischen Gefangenen. Er findet, dass die Russen den österreichischen Bauern sehr ähnlich sind, er sympathisiert mit diesen und bemüht sich auch, ihnen zu helfen.

"Sie [die Russen] wurden morgens zu Arbeit hinausgepeitscht, um abends tot zurückgebracht zu werden" S.63

"Menschen, [die Russen] die so genussvoll singen konnten, waren gewiss nicht schlecht" S.19

Freundbild:

Obwohl der Protagonist am Anfang des Krieges keine besondere Feindschaft zwischen den Nationen wahrnimmt, merkt er große Unterschiede unter den einzelnen Nationen Österreich-Ungarns, die sich im Laufe des Krieges vertiefen, auch wenn es zwischen ihnen zu keinem Konflikt kommt. Eine negative Stellung nimmt er gegen die Ungarn ein, die er als harsch und grausam beschreibt. Zum Ende des Krieges beschuldigt der Protagonist die Ungarn des Verrats, weil sie nicht bereit sind, ihre überschüssigen Nahrungsmittel in das hungernde Österreich zu schicken. Als Deutschböhme ist er mit den Tschechen befreundet und wendet nichts gegen ihre Abhängigkeitspläne ein, doch während der Heimkehr bemerkt er traurig, dass die Tschechoslowakei den österreichischen Fehler der Unterdrückung von Minderheiten wiederholt, und dass keine große Veränderung stattfand.

"Man merkte hier nichts von nationaler Verhetzung" S.72

"Das [die Ungarn] waren wilde, starke Kerle" S.29

"Ein sterbendes Volk!" S.107

Zivilbevölkerung:

Die Zivilisten an der Ostfront, in Rumänien, werden mit manchen Ausnahmen als hilfreich präsentiert, doch ihre gelegentliche Feindseligkeit kommt aggresiv zum Ausdruck. An der italienischen Front werden die Leute eher als unfreundlich und geizig beschrieben. In der Gefangenschaft finden trotzdem viele Liebesbeziehungen zwischen den Soldaten und italienischen Frauen statt, und die Einstellung des Autors gegenüber Italiener verbessert sich dank manchen Erlebnissen. Die gemeinsamen Züge aller Zivilisten, auch in Österreich und Slowenien, werden durch Hunger, Not und Gleichgültigkeit gegen das Ergebnis des Krieges geprägt, da sie sich lediglich nach einem Leben in Frieden sehnen.

"Mag der Krieg ausfallen, wie er will, wir wollen Frieden haben" S.60

Intertextualität:
Einstellung zum Krieg:

Der Protagonist als ein überzeugter Humanist nimmt den Krieg als eine Katastrophe wahr. Er kritisiert den Krieg in allen Hinsichten, am meisten hebt er die Unmenschlichkeit und Grausamkeit der Kriegsführer und das Elend hervor, das der Krieg nicht nur den Soldaten, sondern auch den Zivilisten bringt. Der Text  präsentiert den Krieg aus der Perspektive der einfachen Leute, die keine Helden waren und sich einfach bemühten, den Krieg zu überleben.

"Das entsetzliche Völkermorden" S.30

"Heldentaten habe ich keine zu berichten" S.7

Sinnangebote:

Dem Krieg wird kein Sinn zugeschrieben, im Gegenteil wird seine Unsinnigkeit hervorgehoben. Kritisiert wird auch das durch den Krieg verursachte Chaos.

"...alle Schrecken des Weltkrieges nicht imstande waren, der Welt Frieden zu sichern" S.7