Batjuschka. Ein Kriegsgefangenenschicksal.

Titel:
Batjuschka. Ein Kriegsgefangenenschicksal.

Autor:

Bruno Wolfgang (17. Februar 1889 in Iglau, Mähren - 20. Dezember 1968 in München, Deutschland)
Politische Bedeutung:

Unbekannt

Perspektive:
Kriegserlebnis:

Ja, Wolfgang war Landsturmoffizier, erlebte die Belagerung der Festung Przemysl und jahrelange Kriegsgefangenschaft in Sibirien.

Vorkommen von autobiographischen Elementen im Text:

Ja, die Handlung des Romans sowie sein Protagonist entsprechen den Erlebnissen des Autors.

Bibliographie

Batjuschka. Ein Kriegsgefangenenschicksal.
Erscheinungsjahr, Auflage:
1936, 1. Auflage
Verlag, Ort:
Carl Fromme Verlag, Wien
Seitenzahl:
501 S.
Gattung:
Epik
Darstellungstyp:

Privattyp

Paratexte:

Widmung an den österreichischen Schriftsteller und späteren NSDAP Mitglied Erich August Mayer; am Ende eine Werbung für andere Romane des Verlags.

Struktur:

Formale Charakteristik des Werkes:

Drei ungenannte Teile, 45 ungenannte Kapitel (10+10+25). Heterodiegetischer Erzähler, schwankende Fokalisierung (Null- / variable interne).

Eingliederung von Dokumenten / Medien / Bilder:

Vermittelte Nachrichten aus russischen Zeitungen.

Raum:

Geographischer Raum:

Festung Przemysl an der Ostfront; Kriegsgefangenenlager in Twer, Orlow, Samara, Irkutsk, Chabarowsk; Städte auf der Transsibirischen Eisenbahn und auf dem Weg von Przemysl zu Moskau (Lemberg, Kiew u.a.).

Umfang des Spielraumes:

Front, Kriegsgefangenschaft.

Zeit:

Die Handlung beginnt mit der Kapitulation der Festung Przemysl am 22. 3. 1915, nachdem die österreichische Armee in Gefangenschaft genommen wurde. Der Roman verfolgt das Schicksal eines österreichischen Offiziers in russischer Kriegsgefangenschaft, bis er im Sommer 1918 in seine Heimat nach Wien zurückkehrt.

Fremdenbilder:

Feindbild:

Die feindlichen russischen Soldaten werden detailliert analysiert. Als positive Seite der Russen hebt der Erzähler v. a. ihr Respekt, mit dem sie die Gefangenen behandeln, und ihre Disziplin hervor, gleichzeitig kritisiert er aber ihre Einfalt und Käuflichkeit. Meistens verhalten sich die Russen den Kriegsgefangenen gegenüber allerdings hilfreich, im Kriegsgefangenenlager überwiegt ein Gefühl einer allgemeinen menschlichen Solidarität über die Feindlichkeit (was auch auf die Offiziere zutrifft), obwohl die Österreicher oft in unwürdigen Bedingungen unterbracht werden. Anders ist es unter den Kommunisten, die nach der Revolution die Macht übernehmen und werden meist als schlau und berechnend beschrieben.

 

"Man betrachtet sich gegenseitig ohne Hass, mit Neugier." (S. 15)

"Wir sind Menschen wie ihr." (S. 418)

Freundbild:

Der Protagonist bildet als einziger deutscher (im Grunde ein deutschmährischer) Offizier unter den Offizieren, die an der Belagerung von Przemysl beteiligt sind, eine Brücke zwischen den unterschiedlichen Nationalitäten (Tschechen, Polen, Ungarn), die sich im Laufe der Kriegsgefangenschaft immer schärfer abgrenzen, obwohl die slawischen (tschechischen und polnischen) Oberoffiziere stets eine pro-österreichische Stimmung zu halten versuchen. Die Tschechen werden wegen  ihren autonomistischen Tendenzen und scharfer Abgrenzung von anderen Nationen als die in dieser Hinsicht radikalsten beschrieben. Der Protagonist nimmt den Verlust seiner Heimat zugunsten der Tschechoslowakei schwer. Die reichsdeutschen Soldaten grenzen sich von den Österreichern in Gefangenenlager deutlich ab, interessanterweise kommt es später kurz vor der Verschiebung der Deutschen zu einer Verbrüderung der beiden Gruppen.

"Für ihn [den Oberst] gibt es unter österreichischen Offizieren weder Slawen noch Deutsche." (S. 106)

"Die Natur selbst ist es auch, die hier die Gefährten eines gemeinsamen Schicksals nach Nationalitäten scheidet. Das Bewusstsein seiner Volkszugehörigkeit gibt dem einzelnen Trost und Stütze. Da sind vor allem die Tschechen." (S. 141)

Zivilbevölkerung:

Der Text macht auf die Unterschiede zwischen dem russischen und dem österreichischen Volk aufmerksam. Die Russen werden als arbeitsam, geduldig und ruhig, wohl auch dumm aber umso gastfreundlicher und wohlwollender beschrieben.

"[Die Russen] Sind doch ein braves Volk! Bei uns täte das nicht so bald einer." (S. 472)

Intertextualität:
Einstellung zum Krieg:

Obwohl die österreichische Offiziere am Anfang des Romans den Krieg als eine heilige Pflicht, für den Kaiser und für Österreich-Ungarn zu kämpfen, wahrnehmen und versuchen aus der Gefangenschaft zu flüchten und zur Front zurückzukehren, übernehmen sie im Laufe der Gefangenschaft die Einstellung der einfachen Soldaten sowie die der Russen, die den Krieg als schädlich und nutzlos wahrnehmen und sich  nach seinem Ende sehnen.

Sinnangebote:

Dem Krieg wird in dem Roman von Seiten des Protagonisten kein Sinn zugeschrieben. Mit dem Sinnangebot der Kommunisten, die den Krieg zur Verbrüderung aller Proletarier und einem Umsturz des Kapitalismus ausnutzen wollen, stimmen die österreichischen Offiziere sowie der Erzähler nicht überein.