Serbien (serbische Presse); Österreich (österreichische Presse)
Die Kritik des „Mährischen Tagblatts“ an der Berichterstattung der österreichischen Presse zum drohenden Konflikt zwischen Österreich-Ungarn und Serbien richtete sich nicht zuletzt gegen übertriebene Reaktionen auf die serbische Presse, welche im Text als plebejisch und extrem nationalistisch bezeichnet wird. Es sei unwürdig, auf die Berichte dieser Presse zu reagieren und ihr dadurch nur mehr Gehör zu verschaffen. In diesen Gedanken zeigt sich nicht zuletzt das Gefühl einer kulturellen, politischen und wirtschaftlichen Überlegenheit der Doppelmonarchie gegenüber Serbien, dessen Provokationen nicht ernst zu nehmen seien. Mit diesem Bild Serbiens wird also nicht zuletzt das Eigenbild der Monarchie und ihrer Bewohner als eine hoch entwickelten, erfolgreichen Staates bestärkt.
Im Text wird die Gefahr eines möglichen Krieges infolge des Attentats von Sarajewo weitgehend heruntergespielt: Der Krieg sei völlig unwahrscheinlich, da er nur Probleme mit sich bringen könne und folglich von niemandem gewünscht sei. Gleichzeitig geht der Verfasser des Textes von einer deutlichen Übermacht der Doppelmonarchie aus, die es Serbien nicht einmal erlaube an einen Krieg zu denken.
Indem der Text Österreich-Ungarn als Serbien kulturell weit überlegen präsentiert, bietet er seinen Leser eine Deutung des Attentats von Sarajewo und der darauf folgenden diplomatischen Auseinandersetzung als einer unbedeutenden Störungen an, die durch ein ‚unzivilisiertes’ Volk ausgelöst wurde. Österreich-Ungarn sei ein prosperierender Staat, der durch keine serbischen Provokationen destabilisiert werden kann. Und daher sei es auch nicht notwendig, auf das Attentat bzw. die serbische Politik mit all zu großer Härte zu reagieren.